Hohe Kosten – wenig messbarer Nutzen
Ein zentraler Kritikpunkt ist das schlechte Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen.
Die Gesamtkosten für ein MES setzen sich aus Lizenzgebühren, Integrationsaufwand, individueller Anpassung und Schulungen zusammen – sie summieren sich schnell auf einen siebenstelligen Betrag.
Dennoch bleibt der messbare Nutzen in vielen Fällen gering: Produktivität, Qualität und Flexibilität verbessern sich kaum oder nur in Teilbereichen.

Komplex und unflexibel
Ein weiteres Problem ist die technische und strukturelle Komplexität vieler MES-Lösungen. Sie sind oft als große, monolithische Systeme konzipiert, die nur schwer anpassbar sind. Individuelle Abläufe auf dem Shopfloor lassen sich nur mit erheblichem Aufwand oder gar nicht integrieren. Häufig zwingt der Softwareanbieter dem Unternehmen seine eigene Prozesslogik auf – anstatt umgekehrt. Das Ergebnis ist ein System, das sich nicht nahtlos in den Produktionsalltag einfügt.
Nicht mehr zeitgemäß
Hinzu kommt, dass viele klassische MES-Systeme nicht auf die Anforderungen moderner Fertigungsumgebungen ausgelegt sind. Sie wurden ursprünglich für lineare, chargenorientierte Produktionsprozesse entwickelt. In heutigen Fertigungen mit hoher Variantenvielfalt, kleinen Losgrößen und ständig wechselnden Anforderungen geraten sie schnell an ihre Grenzen.
Langwierige Einführung
Auch die Einführungsdauer ist ein entscheidender Nachteil. Die vollständige Implementierung eines MES dauert nicht selten zwischen einem und drei Jahren. In dieser Zeit verändern sich in vielen Unternehmen bereits die Anforderungen – und die versprochene Rentabilität (ROI) wird nie erreicht oder stark verzögert.
Schlechte Integration mit anderen Systemen
Ein weiterer Schwachpunkt liegt in der Integration mit anderen Systemen. Zwar wird oft eine nahtlose Verbindung zu ERP-, SCADA-, PLM- oder IIoT-Plattformen versprochen, in der Praxis ist diese Integration jedoch alles andere als reibungslos. Es entstehen Datensilos, doppelte Erfassungen oder Verzögerungen – also genau die Probleme, die MES eigentlich lösen soll.
Widerstand auf dem Shopfloor
Nicht zuletzt gibt es auf Seiten der Mitarbeitenden in der Produktion häufig Widerstand gegen die Nutzung von MES-Systemen. Schlechte Benutzeroberflächen, unklare Funktionen oder ein zusätzlicher Aufwand bei der Datenerfassung führen dazu, dass das System nicht konsequent genutzt wird. Ohne eine hohe Akzeptanz auf dem Shopfloor bleibt das MES letztlich ein teures Berichtswerkzeug ohne echten operativen Nutzen.
Fazit
Die Skepsis gegenüber MES ist nicht nur verständlich, sondern vielfach berechtigt. Während MES-Systeme theoretisch großen Nutzen bringen können, zeigt sich in der Praxis ein klarer Widerspruch zwischen dem Versprochenen und dem tatsächlich Erreichten.
Das sogenannte „MES-Dilemma“ bringt es auf den Punkt: Der Bedarf an digitaler Transparenz ist unbestritten – doch die verfügbaren Lösungen sind häufig überdimensioniert und praxisfern. Wer seine Produktion digitalisieren will, sollte deshalb gezielt nach modularen, schlanken und anpassbaren Alternativen suchen.